Unser Akustikpiano bekommt eine SensoTektur©

Sensoren unter der Oberfläche der Tasten ermöglichen Effekte beim Klavierspiel

Die nächste Dimension im Klavierspiel: Effekte

Effekte? Was soll das sein? Als Effekte bezeichnet man Höreindrücke, die den erwarteten Rahmen überschreiten. Was erwarten wir eigentlich von einem Akustikpiano? Von einem akustischen Saiteninstrument, das über eine Klaviatur bedient wird, erwarten wir zum Beispiel,

  • dass der Wechsel von Ton zu Ton in Halbtonschritten und somit stufenweise erfolgt;
  • dass der Ton erklingt und nach einer gewissen Zeit entweder von alleine ausklingt oder die Klangdauer mittels Dämpfer beim Loslassen der Taste gestoppt wird;
  • dass der Ton während seiner Klangdauer klanglich unbeeinflusst bleibt, sich also weder sein Klangcharakter noch der Klang selbst verändern, sondern nur die Lautstärke nachlässt.

Das wären die Punkte, die den Rahmen unserer Erwartung beschreiben. Wird unsere Erwartung übertroffen, wird der Rahmen überschritten, und kann das Ereignis willkürlich wiederholt werden, handelt es sich um einen Effekt. Die Wirkung von Effekten ist überraschend, begeisternd, faszinierend, unter die Haut gehend. Von anderen Instrumenten kennen wir Effekte wie

  • ein Vibrato,
  • das Verändern der Tonhöhe, Intonation oder auch Pitchbending genannt
  • das Verändern des Klangcharakters oder Klangs sowie
  • instrumentenspezifische Gestaltungsmöglichkeiten.

Was wird durch solche Effekte erreicht? Die Interpretation wird individueller, stimmungsvoller, die Gefühle der Musiker werden besser ausgedrückt und können bei den Zuhörern intensiver angesprochen werden. Das Musizieren wird insgesamt gefühlvoller, wenn die Effekte entsprechend eingesetzt werden.

Aha. Aber das ist doch alles am Klavier nicht möglich! Das stimmt. Bislang ist es am akustischen Klavier nicht möglich. Aber zum einen waren Effekte bereits bei historischen Tasteninstrumenten möglich wie zum Beispiel

  • das Vibrato,
  • die Intonation sowie
  • die variable Gestaltung der ersten Phase der Tonerzeugung

am Clavichord. Zum anderen gehören Effekte an allen digitalen Varianten von Tasteninstrumenten schon lange quasi zum Standard. Und nachdem wir unser Akustikpiano in meinem letzten Blog PianoTek – zeitgemäße Technik im Akustikpiano zusätzlich zum akustischen Klang zu digitalen Sounds und somit letztlich auch zu Hybridsounds befähigt haben, werden nun aufgrund einer weiteren Neuentwicklung, das Musizieren mit Effekten über eine Klaviatur möglich. Seien Sie gespannt und lassen uns gemeinsam ins Detail gehen!

Am Synthesizer und Keyboard gibt es an der linken Seite der Klaviatur zwei Modulationsregler, über die man Tonhöhe und Klang unmittelbar nach der Tonerzeugung verändern kann. Den Regler für die Veränderung der Tonhöhe nennt man Pitchbender Für unser Akustisches Hybrid-Klavier gibt es etwas noch besseres als diese Regler an der Seite der Klaviatur: Sensortasten! Besser? Inwiefern? Da man mit den Modulationsreglern nur alle gerade gespielten Töne gemeinsam modulieren kann. Mit den Sensortasten kann man zum Beispiel die Tonhöhe auf jeder Tasten einzeln und somit differenziert verändern. Wie soll das gehen? Indem man mittels Fingerbewegungen auf den Tasten diese Effekte auslöst. Dazu benötigen die Tasten eine Art Systemarchitektur aus Sensoren unterhalb der Tastenoberfläche, die SensoTektur. Das Wort SensoTektur liest sich dramatisch. Doch die Integration von Sensoren unterhalb einer Bedienoberfläche ist Ihnen bereits seit dem Touchscreen des Smartphones und Tablets bestens bekannt. Die Einführung eines dank Sensoren interaktiven Bildschirms als neue Dialogoberfläche mit Geräten im Jahr 2007 war tatsächlich dramatisch, denn dieser Entwicklungsschritt hatte zur Folge, dass aus dem Handy das Smartphone, und somit aus unseren mobilen Telefonen mobile Computer wurden. In dem Zusammenhang tauchte wie aus dem Nichts das mobile Internet auf und wurde in einem unglaublich rasanten Tempo zu weit mehr als nur einer Alternative der Festnetzanbindung, wie wir heute zum Beispiel anhand der Entwicklung eines allumfassenden Internets der Dinge wissen. Die Klicks mit der Maus veränderten sich zu Gesten der Hand. Gesten waren wiederum Elemente der Kommunikation per Zeichensprache und somit in der Geschichte der Menschheit ein wesentlicher Entwicklungsschritt, denn vor der Sprache stand die nonverbale Zeichensprache mittels Gesten. Somit schloß sich mit der Integration der Gesten in die Bedienung von Computern eine Art evolutionärer Kreis der Kommunikation.

Was bedeutet die Integration einer SensoTektur im Akustikpiano für das Klavierspiel? Um nur einen konkreten Aspekt aufzugreifen: Beim Musizieren am Klavier eröffnet sich die Möglichkeit, bestimmte Intervalle im Kontext des gespielten Stückes derart anzupassen, dass ihre Ausdruckskraft verstärkt wird. Das gelingt mittels Sensortasten, da man dem Zuhörer über ein erweitertes oder engeres Intervall mehr Freude oder umgekehrt mehr Traurigkeit musikalisch besser vermitteln kann. Mit anderen Worten: Das Klavierspiel wird intensiver, da es uns emotionaler ansprechen und somit stärker unter die Haut gehen wird!

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Mit welchen Techniken löst man das Problem zunehmender Komplexität?

Mit Komplexität umgehen lernen

Eine neue Dimension im Klavierspiel bedeutet, dass der Klavierspieler eine höhere Komplexität bewältigen können muss. Es ist also normal, dass die neuen Möglichkeiten einen entsprechenden Lernprozess mit der nunmehr sensibilisierten Oberfläche der Tasten erfordern. Hat man die Sensortasten installiert und beginnt mit seinem bisherigen Repertoire darauf zu spielen, macht man die erwarteten interessanten Erfahrungen, wird aber gleichzeitig von unerwarteten Geräuschen überrascht. Analysiert man die Überraschungen, so erkennt man:

Man kann auf den Sensortasten bei entsprechender Voreinstellung der erwünschten Effekte zum Beispiel durch das Verschieben der Finger auf den Tasten der Länge nach die Tonhöhe verändern. Wer aber bislang ohne Sensoren lediglich die Kraftübertragung dosiert hat, indem er mit einer Streichbewegung verbunden die Tasten gedrückt hat, der bekommt nun bei diesen Streichbewegungen nicht nur einen sanft dosierten Ton, sondern auch einen in der Tonhöhe sich verändernden Ton. Dieser Effekt geschieht anfangs noch unerwünscht und passt dann nicht zur Erwartungshaltung, dem innerlich Vorgehörten (Audition, Hörvorstellung). Somit wird in unserem angenommen Fall die veränderte Tonhöhe als Störung wahrgenommen, über die man gerne stolpert. Das Stolpern oder Hängenbleiben im Stück wird aber in der Performance unseres Klavierspiels als ein Fehler interpretiert und wie immer bei technischen Fehlern suchen die Zuhörer nicht differenziert nach einer Ursache, sondern ordnen den Fehler der Einfachheit halber dem Klavierspieler zu. Dessen ist sich der Klavierspieler bewusst. Aus diesem Grund vermeiden viele Tastenkünstler vor allem bei Live-Auftritten den Umgang mit Instrumenten mit neuen Technologien, deren Ergebnis für sie (noch) nicht eindeutig vorhersagbar ist - bis sie durch entsprechende Übungen deren Vorhersagbarkeit in den Griff bekommen haben. So war das bestimmt auch mit den beiden Rädern am Keyboard zur Modulation von bereits angespielten Tönen, als diese auf dem Markt eingeführt worden sind. Das lässt sich daran ablesen, dass es bis heute nur wenige Musiker gibt, die mit diesen Stilmitteln beeindruckend umgehen können.

Es braucht also für den erfolgreichen Umgang mit den Sensortasten Hinweise, Warnungen, Einführungen, Tutorials und Profis, die uns verraten, wie sie sich das Potenzial der neuen Möglichkeiten erschließen, und wie sie mit kritischen Punkten des Neuen konstruktiv umgehen. So veröffentlichten zum Beispiel nach der Einführung des Seaboards immer mehr Musiker eigene Videos, auf denen man die Fortschritte im technischen Umgang mit dem neuen Medium einer Klaviatur aus Silikon sehen und hören konnte. Der Hersteller des Seaboards, die Firma Roli, engagierte sich und veröffentlichte umfassende Tutorials für die neuen Möglichkeiten des vielschichtigen, mehrstimmigen, ausdrucksstarken Spiels. Ähnliche Beispiele und Tutorials fehlen bislang noch weitgehend für den erfolgreichen Umgang mit den Sensortasten, da die Technologie der TouchKeys sehr neu ist. Was an Tutorials zu den neuen Möglichkeiten des Klavierspiels mit Sensortasten vorhanden ist, wurde von Andrew McPherson zur Verfügung gestellt.

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Wer hat die Sensortasten erfunden?

Andrew McPherson: The creator of TouchKeys

Andrew McPherson ist ein weiterer interessanter Erfinder, den ich Ihnen vorstellen möchte. Er ist der Creator of TouchKeys. Andrew ist Leiter eines Instituts, das den schönen Namen Augmented Instruments Laboratory trägt. Es ist Teil der Queen Mary University of London, die sich als Zentrum für digitale Musik versteht. Der Wissenschaftler und Erfinder Andrew McPherson hat sich den großen Schritt auf den freien Markt getraut. Für seinen erfolgreichen Auftritt gründete er Touchkeys Instruments Ltd und bietet darüber Bausätze mit Sensortasten zum Nachrüsten oder besser zum Anreichern von Tasteninstrumenten mit unterschiedlicher Tastenzahl an. Und er hat auch schon akustische Pianos in Sensor-Pianos umgebaut. Seine Erfahrungen teilt er völlig transparent in Form von Video-Tutorials und schriftlichen Anleitungen.

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Sensoren erweitern unsere Möglichkeiten

Was leisten die Sensoren unter der Tastenoberfläche?

Mit den Sensortasten bekommen unsere gewohnten Tasten eine neue Oberfläche, die mit Sensoren ausgestattet ist. Die Fühler messen den

  • Druck,
  • die Bewegungsrichtung und -intensität, sowie
  • die Anzahl unserer Finger auf den Tasten.

Die ermittelten Daten werden über eine Schnittstelle namens Multidimensional Polyphonic Expression (MPE) an eine Audiosoftware übertragen. Diese erzeugt je nach Voreinstellung bestimmte Effekte. So wird nun am Klavier ein Vibrato ebenso möglich wie das Verändern der Tonhöhen oder eine Vielzahl weiterer, teils für Tasteninstrumente ganz neue Effekte.

Einführung in die Effekte Vibrato und Tonhöhenveränderung
Einführung in das Modellieren der Klänge von Blas- und Blechblasinstrumenten

Interessant ist die persönliche Geschichte von Andrew McPherson, wie er dazu kam, die TouchKeys zu entwickeln. In dem folgenden Video hören Sie, dass auch er - wie unter anderem der bereits verstorbene Pianist Friedrich Gulda sowie offensichtlich viele weitere Musiker - mit dem Angebot der existierenden Musikinstrumente in seinem Fall als Komponist nicht zufrieden war. Gerade aufgrund seiner musikalischen Herkunft als Geiger ist nachvollziehbar, warum er die Gestaltungsmöglichkeit eines bereits angespielten Tons zum Beispiel am Klavier vermisst hat. Aufgrund seines beruflichen Hintergrunds als Elektronik-Ingenieur begab er sich auf den Weg der Entwicklung von Alternativen. Sein dazu gewähltes berufliches Umfeld war dabei natürlich hilfreich. Mir kommt beim Betrachten des Videos der Gedanke:

Wenn einer der alten Meister heute leben würde, könnte ich mir vorstellen, dass sie ähnliche Gedanken hätten und vergleichbare Wege beschreiten würden, um ihre Vorstellungen realisieren zu können. Auch unsere alten Meister würden heute nicht darauf warten, bis die Hersteller von Musikinstrumenten passende Angebote auf den Markt bringen würden. Stattdessen würden sie die Entwicklung der Musikinstrumente mit dem Ziel der Vollständigkeit der zeitgemäßen Möglichkeiten vorantreiben.

Andrew McPherson spricht über seinen Weg zur Entwicklung der TouchKeys

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Wie steht es um die Chancen der TouchKeys?

Das Marketing der TouchKeys

In dem letzten Video spricht Andrew McPherson auch über den Erfolg der Crowdfunding-Kampagne zur Anfangsfinanzierung des Projekts. Er erläutert die Maßnahmen des Marketings und beschreibt, in welchem Umfang Marketing notwendig wäre, um einen dauerhaften Erfolg gewährleisten zu können. Diesen Aufwand treibt aktuell die Firma Roli, die Erfinder des Seaboards sind, das ich bereits oben erwähnt habe. Fortlaufend gibt es von Roli Meldungen von Updates, neuen Partnern, neuen Anwendungen, neuen Produkten, neuen Videos. Roli ist imstande diesen hohen Aufwand zu betreiben. Und das muss Roli auch. Denn das Seaboard ist im Vergleich zu den Sensortasten in den wesentlichen Aspekten deutlich schlechter:

  • Die Haptik des Seaboards ist aufgrund der Bedienoberfläche aus Silikon völlig ungewohnt und gegensätzlich zu den Tasten. Auf dem Seaboard erfordert die Klangerzeugung einen dauerhaften Druck auf den so genannten KeyWaves, im Gegensatz zur Klaviatur, auf der ein kurzer Impuls genügt, um den Ton zu erzeugen, und wenig Druck ausreicht, um den Ton zu halten. Das heißt, aus Sicht der Klavierspieler wird beim Seaboard schon allein aufgrund der Haptik kaum eine dauerhafte Gewöhnung eintreten.
  • Beim Seaboard ist sowohl der optische Kontrast als auch die Unterscheidung der KeyWaves mittels des Tastsinns sehr schlecht.
  • Aufgrund der beschriebenen Mängel in der optischen wie haptischen Orientierung ist beim Spiel auf dem Seaboard die Fehlerquote relativ hoch (persönlicher Erfahrungsbericht mit dem Seaboard Rise 49), was zu einem angespannten Spiel auf der Bedienoberfläche aus Silikon führt.

Bei einem Hybridklavier mit Sensortasten haben wir dagegen die gewohnte Umgebung der Klaviatur, die lediglich zusätzlich mit sensitiven Oberflächen angereichert ist. Haptik und Optik sind identisch. Und den Umgang mit den neuen Möglichkeiten lernt man relativ schnell. Erleichtert wird der Umgang mit den Sensoren, wenn man diese je nach Bedarf an- und abschalten kann. Langfristig besitzen die TouchKeys somit das weitaus größere Potenzial der Akzeptanz bei den Klavierspielern. Bei den TouchKeys wird aus der Sicht des Marketings die Zielgruppe der Klavier- und Keyboardspieler zu 100 Prozent erreicht. Der Erfolg des Seaboards liegt dagegen eher in der verblüffend echten Imitation von Streich-, Zupf- und Blasinstrumenten, während das typische und somit also beidhändige Klavierspiel auf dem Seaboard mit einer hohen Fehlerwahrscheinlichkeit verbunden bleibt.

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Erfüllte Bedürfnisse machen uns glücklich

Gewinnen Sie mit der Erweiterung Ihres Akustikpianos!

Wie schon erwähnt gibt es die Sensortasten als Bausatz. Man kann sein bereits vorhandenes Akustikpiano damit anreichern. Das Erweitern der Möglichkeiten unseres Akustikpianos mit Hybrid-Sounds und Sensortasten ist insgesamt weitaus günstiger als der Kauf eines hochwertigen Digitalen Hybrid-Pianos, das nur digitale aber keine Hybridsounds kann. Außerdem wird seitens der Industrie noch gar kein Instrument angeboten, das sowohl Hybrid-Sounds als auch Sensortasten enthält. So sind wir also am Ende der Geschichte mit unserem Akustikpiano völlig unerwartet im Vorteil, wenn wir bereit sind, es in Eigeninitiative dank der zeitgemäßen Mehr-Wert-Eigenschaften in ein Hybridklavier umzubauen!

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