Fantasie cantabili – Henriette Gärtner wirbt für die klassische Musik

Werbung aus Begeisterung

Mit großer Vorfreude folgte das Bad Lobensteiner Publikum der Einladung von Frau Leuschner zum Schlosskonzert mit der Pianistin Henriette Gärtner. Am 4. November 2012 konnten die Besucher des Klavierkonzerts die Begriffe Bühnenpräsenz sowie Pianoperformance live erleben. Denn die im Schwarzwald aufgewachsene deutsche Konzertpianistin gestaltete den Abend mit Ihrer charmanten Persönlichkeit zu einem mitreißenden Erlebnis. Ihr Programm trug den Titel Fantasie cantabili. Darin hatte sie Werke von

ausgewählt. Dabei bekommt ihr Publikum jede Menge Zusatzleistungen. Denn wer über mittlerweile 9 Jahre regelmäßig ihre Konzerte in Bad Lobenstein besucht hat, bekam jedes Jahr nicht nur ein neues Programm sondern zu jedem Werk eine aufschlussreiche Einführung. Frau Gärtner wirbt aktiv und intensiv für das Klavierspiel klassischer Musik. Und da sich Henriette Gärtner zu einer viel gelobten Protagonistin der Klaviermusik entwickelt, lohnt es sich, ihre äußert komplexe Leistung einmal mit dem Scanner der modernen Hirnforschung analytisch zu betrachten.

Zum Seitenanfang Eustress wirkt leistungssteigernd Eu-Stress

Positiver Stress beflügelt

Bei einem klassischen Klavierkonzert wird man genau genommen von Leistungen förmlich überschüttet. So läuft mancher Leistungsaspekt Gefahr, nicht ausreichend beachtet zu werden. Daher will ich hier darauf eingehen, dass ja das Auswendig spielen eines Klavierkonzerts erstmals 1832 von der Pianistin Clara Schumann, der Ehefrau des Komponisten Robert Schumann, eingeführt worden ist. Viele Klavierspieler finden es schon erstaunlich, wie man sich ein Stück auswendig merken kann. Sich ein komplettes Konzert aus Werken von gleich mehreren Komponisten merken zu können, grenzt schon an ein Wunder. Das Wunder wird nun zum Erlebnis, wenn man als Zuschauer und Zuhörer diese Leistung

  • fehlerfrei,
  • mit einem faszinierenden Ausdruck,
  • über die Klangfarben des Konzertflügels differenziert gestaltet,
  • live präsentiert

bekommt. Niemand benennt diesen Punkt, aber keiner möchte den Platz mit der Pianistin auf dem Podium tauschen. Umso mehr ist es dem Publikum ein Bedürfnis, am Ende der Künstlerin für deren Höchstleistung mit Beifall und Bewunderung zu danken. Wenn die Konzertpianistin dann auch noch innerhalb eines Jahres verschiedene Programme anbietet, dann ist das hirntechnisch ein äußert interessanter Hinweis auf die Leistungsfähigkeit unserer Gedächtnisses. Daraus ergibt sich dann gleich die interessante Frage nach der Rolle der Musik, die eine solche hervorragende kognitive Leistung ermöglicht.

Zum Seitenanfang Das Fingerspiel gewinnt an Bedeutung Fingerspiel

Scarlatti − Wegbereiter der hohen Schule der Klavierspieltechnik

Der Abend begann mit einer kurzen Einführung in das Werk des Barock-Komponisten Domenico Scarlatti. Dabei erläuterte die Pianistin, dass der italienische Komponist und Cembalist als Erster

  • alle 10 Finger beim Spielen einsetzte sowie
  • die Hände von der Klaviatur insofern gelöst hat, als er zum Beispiel
  • das Überkreuzen der Spielhände,
  • weite Sprünge der Spielhände,
  • schnelle Tonwiederholungen,
  • Tonleitern in rasantem Tempo über mehrere Oktaven,
  • gebrochene Akkorde − so genannte Arpeggien − über bis zu vier Oktaven sowie
  • weitere Feinheiten der Spieltechnik

eingeführt und somit die Virtuosität erheblich gesteigert hat. Daher galten Scarlattis Werke lange Zeit als Showstücke. Diese damals neuen Techniken wurden später von Franz Liszt perfektioniert, der sich zur Optimierung des eigenen virtuosen Klavierspiels wiederum durch Besuche von Konzerten des als Teufelsgeigers berühmten Niccolò Paganini inspirieren ließ. Aus Scarlattis umfangreichen Werk von 555 Sonaten entschied sich Henriette Gärtner stellvertretend für 5 Sonaten, die ihr mit unglaublicher Leichtigkeit aus den Fingern perlten.

Zum Seitenanfang Die magische Wirkung des Nachahmens

Mitspielen erwünscht!

Leider konnte bei dieser Veranstaltung wieder nur ein relativ kleiner Teil des Publikums die ausgezeichnete Fingertechnik der Pianisten einsehen. Frau Gärtner nimmt nämlich seit einigen Wochen in Abstimmung mit den Veranstaltern im Konzert die Klaviatur mit einer Videokamera auf und projiziert die Bilder in Echtzeit auf eine Leinwand. Dank des Einsatzes moderner Technologie bekommen so die interessierten Konzertbesucher nun auf allen Plätzen den wertvollen Blick auf die Hände der Pianistin. Das Fingerspiel der Konzertpianistin live zu sehen, optimiert insofern das Erlebnis eines Konzertbesuchs, als die Hirnforscher herausgefunden haben, dass das Zusehen die entsprechenden motorischen Areale im Gehirn der Beobachter aktiviert. Der Konzertbesucher kann aufgrund der Bilder der Klavier spielenden Hände quasi innerlich mitspielen. Dieses innere Spiel kann bei entsprechend anspruchsvollen Stücken zu einem richtigen Abenteuer werden. Denn diese Werke erfordern eine regelrechte Fingerartistik! Kann der Konzertbesucher nun die Fingertechnik sehen so optimiert das innere Mitspielen die empathische Wirkung der Musik.

Zum Seitenanfang Pflege des kulturellen Erbguts Mega-Trend Kultur

Botschafterin der Kultur-DNA

In ihren Klavierkonzerten vermittelt Frau Gärtner die Bewunderung für die großartige Leistung der klassischen Komponisten aus Zentraleuropa. Mit welcher Kreativität, Fantasie und mit welchem Fleiß diese Menschen konstruktiv unsere Welt mit ihren Kompositionen bereichert haben, ist ein sensationeller Aspekt europäischer Hochkultur. Denn die klassische Musik mit all den Formen an Musikinstrumenten sowie der damit verbundenen vielfältigen und qualitativ hochwertigen Klangkultur ist ja eine Leistung unseres Lebensraums, der allerdings hierzulande immer weniger dafür in Asien immer höher geschätzt wird. Persönlichkeiten wie Henriette Gärtner sind somit Botschafter, Werbende und gleichzeitig Vermittler unseres kulturellen DNA-Erbguts. Dass unsere Musik-Kultur in Asien eine hohe Wertschätzung erfährt, ist nachvollziehbar, da es eben weder in Asien noch an einem Ort dieser Welt eine derartig intensive Entwicklung der Musik mit vergleichbaren Ergebnissen einer vielfältigen und qualitativ hochwertigen Klang-Kultur wie in Europa gibt. Darauf sollten wir zu Recht Stolz sein und dieses Erbe entsprechend pflegen und vor allem unsere eigenen Multiplikatoren dieser kulturellen DNA in ihren Bemühungen unterstützen. Und wir müssen auch für die einmal erreichten Ergebnisse eintreten, um diese zu verteidigen, wenn z.B. die Klavierindustrie aus einem einseitigen Bemühen um Gewinnmaximierung versucht, uns mit dem Argument einer neuen Klang-Norm hinsichtlich des so genannten brillanten Klangs über den Verlust des hochwertigeren Wohltemperierten Pianoklangs der alten Klaviere zu vertrösten.

Zum Seitenanfang Ein Genie bearbeitet die Musik eines Genies Motorische Intelligenz

Mozart in der Bearbeitung von Chopin

Mit den Variationen opus 2 (La ci darem la mano) hat Frau Gärtner das Herzstück der Oper Don Giovanni, nämlich die Arie Reich mir die Hand mein Leben in der Bearbeitung von Frédéric Chopin als Werk für das Konzert ausgewählt. Der bereits erwähnte Komponist und Pianist Robert Schumann war im gleichen Jahr (1810) wie Chopin geboren. Schumann lobte Chopin ausdrücklich als Genie, als er ihn einmal dieses Werk spielen hörte! Chopin selbst schätzte Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart, was man der Genauigkeit des Metrums in der linken Hand ablesen kann. Henriette Gärtner verweist darauf, dass in der fünften Variation die beiden Hände völlig voneinander unabhängig spielen, die linke Hand das rhythmische und harmonische Gerüst baut, während die rechte Hand darüber die Melodie führt.

Die Fingertechnik betrifft übrigens innerhalb der Motorik die von dem bereits verstorbenen Zoologen Gerhard Neuweiler so bezeichnete Motorische Intelligenz. Diese Qualität der Motorik stellt aus Sicht der Evolution einen wesentlichen Schlüssel für die rasante Entwicklung des Menschen dar, da sie unter anderem für die Fähigkeit des Sprechens ausschlaggebend ist. Henriette Gärtner demonstriert erfolgreich, dass der gleichzeitige Einsatz der beiden Hände mit unterschiedlichen Aufgaben nicht nur technisch möglich ist, sondern auch noch künstlerisch ausdrucksstark und gefühlvoll dargeboten werden kann. Aus der Hirnforschung ist heute bekannt, dass die intensive Nutzung der Beidhändigkeit die Verbindung zwischen den beiden Gehirnhälften über das Corpus callosum (Balken) stärkt und damit das Gehirn insgesamt leistungsfähiger wird. Dass das Gehirn eines Pianisten als Steuerzentrale der Motorik hinsichtlich der Komplexität gleichzeitiger Handlungen sehr leistungsfähig sein muss, kann man spätestens daran erkennen, dass man am Konzertflügel vierdimensional spielt: Einen Flügel spielt man nicht nur mit beiden Händen auf der über 7 Oktaven umfassenden Klaviatur aus 88 einzelnen Tönen sondern man benutzt darüber hinaus mit beiden Füssen die Pedale, um eben das Spektrum von Piano bis Forte, Crescendo und Decrescendo sowie die Klangfarben als Gestaltungsmittel der künstlerischen Interpretation punktgenau oder räumlich sphärisch einsetzen zu können.

Zum Seitenanfang Das Ringen um das Gehör prägte Beethovens Auseinandersetzung mit der Musik Hör-Gut

Beethoven − Mensch und Genie

Unter Musikern sagt man: Beethovens Musik steigt zum Himmel. Mozarts Musik kommt vom Himmel. Damit will man möglicherweise ausdrücken, wie groß das Genie Mozarts gewesen sein muss, der schon in jungen Jahren anspruchsvolle Werke komponierte. Gleichzeitig findet in diesem Satz das Ringen des nicht weniger begabten Pianisten und Komponisten Ludwig van Beethoven um sein Gehör Raum, das Beethoven nämlich im Laufe seines Lebens verloren hat.

Henriette Gärtner präsentierte in Bad Lobenstein von Beethoven die Fantasie op. 77. Als er dieses Werk komponierte, war er 35 Jahre alt. Das ist ein möglicherweise unterbewusstes Auswahlkriterium der Konzertpianistin Henriette Gärtner, die sich bereits in den vergangenen Jahren immer wieder Werke von Komponisten ausgesucht hat, die zum Zeitpunkt der Komposition ungefähr in ihrem Alter waren. Von der Fantasie op. 77 berichtet Frau Gärtner, dass es sich hier lediglich um das Zeugnis einer aufgeschriebenen Improvisation handelt, aus der diese Komposition entstanden ist. Das ist nicht abwertend gemeint gewesen. Vielmehr wollte die Pianistin darauf hinweisen, wie kreative Geister aus scheinbaren Kleinigkeiten Werke entstehen lassen.

Charmant nimmt Henriette Gärtner ihr Publikum mit, indem sie erläutert, wie sich die Entwicklung des Themas in Rahmen eines musikalischen Dialogs abgespielt und damit die Komposition selbst manifestiert hat. Anhand dieser Fantasie kann man auch erkennen, wie Beethoven nicht nur um das Gute, ja vielleicht um einen guten Ausgang des eigenen Schicksals gerungen hat, sondern dem Guten in seinen Werken auch zum Durchbruch verholfen hat.

Zum Seitenanfang Zugaben? Aber gerne! Mit Musik sprechen

Dank der Pianistin

Bereitwillig interpretierte die Pianisten den dankbaren Beifall des Publikums als Aufforderung zu den Zugaben The music box (Une tabatière à musique oder auch: Valse Badinage), − auch bekannt als Die Spieldose − von Anatoli Ljadow (1855-1914) sowie Recuerdos de la Alhambra (Arrang. Hans-Günter Heumann), die Transkription einer Komposition für Gitarre von Francisco Tarrega (1852-1909).

Bei diesen beiden wieder einmal außergewöhnlichen Zugaben kann man sehr gut nachvollziehen, wie Henriette Gärtner es versteht, die Elemente der Musik als präzise Werkzeuge einer musikalischen Kommunikation einzusetzen. Denn bei der ersten Zugabe taucht vor einem tatsächlich eine Spieluhr als inneres Bild auf, während man bei der zweiten Zugabe Gitarren zu hören glaubt.

Alle Konzertbesucher waren tief berührt, als Henriette Gärtner zum Schluss an die kürzlich viel zu früh verstorbene Frau von Thaler mit dem Stück Der Nussbaum aus den Myrten op. 25 Nr. 3 von Robert Schumann erinnerte.

Zum Seitenanfang Zum Gelingen braucht es Viele!

Danke fürs Gelingen

Zu dem Zauber dieser Schlosskonzerte tragen alle Beteiligten bei. So muss man jedes Jahr der Veranstalterin Frau Leuschner für deren persönlichen Einsatz und ihr regionales Engagement für die Kultur danken. Nicht nur für das Gelingen im Vorfeld sondern auch für das Wohlfühl-Ambiente während des Konzerts erleben die Besucher Jahr für Jahr und Konzert für Konzert das engagierte Team der Stadt Bad Lobenstein, bestehend aus

  • Frau Anika Schart,
  • Frau Michaela Meyer,
  • Frau Sybille Geyer sowie
  • Frau Gisa Kurtz,

denen ich im Namen aller Konzertbesucher für deren intensiven Einsatz danke!

Zum Seitenanfang Ein Champagner auf Frau Dr. rer. nat. Henriette Gärtner

Ein Abschluss in Harmonie

Einige der Konzertbesucher nutzten darüber hinaus den anschließenden Abend in der Harmonie in Lichtenberg, um sich nicht nur für das wunderbare Konzert zu bedanken, sondern Frau Gärtner zu ihrer erfolgreichen Promotion als Dr. rer. nat. im Fach Biomechanik der Sportwissenschaft zu dem Thema Über den Zusammenhang von Klang, Kraft und Kinematik beim Klavierspiel zu beglückwünschen.

Zum Seitenanfang Zugabe des Schlosskonzerts in Bad Lobenstein 2012 Die Kunst der Interpretation

Die Spieldose − eine von mehreren Zugaben

Die Spieldose (The Musicbox) heißt übersetzt das Stück des russischen Komponisten Anatoli Ljadow, das Henriette Gärnter als erste von insgesamt drei Zugaben spielte. Bei diesem kleinen Werk soll eine Spieldose am Piano simuliert werden. Dieses Thema interpretiert Henriette Gärtner derart, dass für die Konzertbesucher Hörbilder einer Spieldose entstehen. Aus dem Gedächtnis tauchen die Erinnerungen an Kindheitserlebnisse auf, als wir fasziniert einem solch einfachen Musikspielzeug lauschten, wie dieses die in ihr programmierten Melodien mal genau zueinander passend und mal leicht verzögert abspielte.

Für mich ist der Umgang mit den musikalischen Mitteln der Hinweis auf die hohe musikalische Kompetenz der Pianistin. Denn Henriette Gärtner zeichnet Hörbilder und löst im Zuhörer innere Dialoge aus. Musik stimmt uns ein. Musik transportiert und erzeugt in uns eine Gestimmtheit. Durch die Musik Hörwelten zu gestalten, ist die höchste Kunst der Interpretation, da es dem Wunsch des Komponisten entspricht, seine in der musikalischen Komposition verpackten Stimmungen über unsere Ohren in unsere Köpfe und Herzen zu transformieren. Eine Interpretation ist demnach dann gelungen, wenn die Zuhörer die dargebotene Musik als stimmig annehmen konnten. Dass dies der Fall war, zeigt der Beifall des Publikums am Ende der Darbietung.

Anmerkung: Aus der Sicht eines Klavierbauers ist es interessant festzustellen, dass es in der Kategorie der Spieldosen auch die Variante einer größeren Spieldose mit Tastatur gab, die man Zungenklavier nannte.

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Henriette Gärtner Programm Fantasie cantabili

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