PianoFormance© für Klavierspieler

Eine neue Erlebnisqualität des Klavierspiels ermöglichen

Wo kommt der Begriff PianoFormance her?

Einleitend will ich unumwunden zugeben, dass der Begriff PianoFormance ein Wortspiel aus den beiden Begriffen Piano und Performance ist. Die Kombination kann man als eine gute Idee annehmen. Aber ich gehe einfach einen Schritt weiter, und gebe dem neuen Wort seinen Platz. Um Ihnen diesen Deutungsrahmen zu vermitteln, lade ich Sie ein zu einer kleinen Reise durch die Welt des Klaviers. Dieser Kosmos umfasst natürlich

  • Sie, die Klavierspieler,
  • Ihr Instrument, das Klavier,
  • damit verbunden die Klavierhersteller und
  • als dauerhaften Bezugspunkt das Denken und Handeln des Klavierservice.

Wir beginnen ganz konkret bei einem Klavier, das ich Ihnen mittels Hörbeispielen näher vorstelle.

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Ein Klavier, das uns begleitet

Unser Klavier in einer Studenten-WG

Die Klaviere in einer Studenten-Wohngemeinschaft (WG) sind für die Mitglieder der WG eine Art atmosphärischer Aufheller, der in der Anschaffung so gut wie nichts kosten darf. Häufig sind die Instrumente für den Klavierservice daher eine besondere Herausforderung. Je nach Organisation der WG unterscheidet sich der Einsatz des Pianos. Traditionelle Studenten-WGs pflegen Rituale, in dessen Rahmen das Klavier zum Einsatz kommt. Hier geht es weniger um Hochkultur als um gruppendynamische Prozesse. In lockeren und somit zeitgemäßen WGs dient das Klavier dazu, die bislang eingeübten Gewohnheiten des Klavierspiels fortzuführen.

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Wie groß ist die vor uns stehende Aufgabe?

Der Zustand unseres Pianos

In welchem Zustand war nun das Instrument aus dem vorliegenden Hörbeispiel? Mein erster Test ergab, dass die Mechanik funktioniert. Das heißt: Alle Tasten erzeugten einen Ton. Der Grad der Verstimmung verriet mir, dass es zwar verstimmt, jedoch weitgehend ohne so genannte kritische Töne war. Kritische Töne sind nämlich ein Alarmsignal: Achtung – an dieser Stelle könnte ein Schaden vorliegen! Bereits im verstimmten Zustand drängt sich der Eindruck auf, dass dieses Instrument einen starken Bass besitzt, denn dieser Klang streichelt den Bauch. So stellt man sich Wohlklang vor! Der Klang wird durch die Tonhöhe unterstützt. Die befand sich auf einer angenehm entspannenden Frequenz. Im Gespräch erläuterte ich, dass sich unser Piano aktuell ungefähr auf der Höhe des Französischen Kammertons zu Lebzeiten von Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) befindet. Tatsächlich ist es so, dass uns ein tieferer Kammerton eher entspannt, während uns der höhere Kammerton anspannt. Betrachtet man das statistisch belegte Phänomen des ansteigenden Ruhepulses und die ebenso belegten dramatischen Steigerungsraten von bislang weitgehend unheilbaren Krankheiten, so muss man feststellen, dass es in unserer Gesellschaft eine ganze Reihe von Treibern gibt, die uns offensichtlich nicht bekommen. Es gibt kaum mehr ein Entrinnen vor dem Stress. In dem Zusammenhang könnte Musik die Funktion haben, Stress abzubauen, uns zu harmonisieren. Wenn aber in die Musik selbst ein unterbewusst wirkender Treiber in Form eines immer höher werdenden Kammertons integriert ist, so wird darüber effektiv verhindert, dass die Menschen in Eigeninitiative die Kräfte der Selbstheilung oder noch besser der Vorsorge aktivieren könnten.

WG-Klavier verstimmt

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Muss man Normen erfüllen?

Ist der Kammerton eine DIN-Norm?

Interessanterweise hat sich der aktuelle Kammerton von 440 Hertz sowohl in der Klassik als auch in der modernen Rock- und Pop-Musik als Norm durchgesetzt. Doch tatsächlich ist er gar keine Norm, sondern lediglich eine Empfehlung, der man folgen kann oder nicht, wie man bei Wikipedia nachlesen kann. Sie wundern sich vielleicht, da ich von verschiedenen Kammertönen schreibe. Gibt es zu 440 Hertz denn eine Alternative? Hatten wir uns nicht gesellschaftlich darauf geeinigt, die Welt der Technik zu normieren? Schon. Aber spätestens an dieser Stelle müssten alle Alarmsignale Ihres kritischen System anschlagen. Ist Musik denn ein Element der Technikwelt? Wer hat denn bitte die Musik dorthin verfrachtet? Nun, tatsächlich wurde der Kammerton im Zuge einer Konferenz zur internationalen Standardisierung im Jahr 1939 auf 440 Hertz diskutiert und man hat wie oben schon erwähnt eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen. Aber das heißt nicht, dass die Tonhöhe immer gleich hoch war. Zur Zeit von Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) war der Kammerton in Deutschland genau einen halben Ton tiefer und in Frankreich noch einmal einen halben Ton tiefer, während die Italiener auf einem höheren als heute üblichen Kammerton musizierten. Sie sind erstaunt und fragen: Wie, der Kammerton ist nicht absolut? Nein, er ist von der Verwendung des Instruments abhängig. Das heißt, wenn man gemeinsam mit anderen Instrumenten musizieren will, braucht man eine gemeinsame Tonhöhe. In der Regel ist das die zeitgemäße Empfehlung. Wer aber das Klavier alleine nutzt, ist in der Tonhöhe (nach unten) nicht gebunden. Nach oben gibt es physikalische Grenzen, wenn nämlich die Saiten reißen.

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Unglaublich, aber der Kammerton des Universums wurde berechnet!

Das Universum und sein Kammerton

Als 1939 über die Tonhöhe des Kammertons diskutiert worden ist, kam es zu einem heute weitgehend unbekannten Streit. Dabei setzten sich viele Musiker für 432 oder sogar 430 Hertz (Nikolaus Harnoncourt) ein, da uns der niedrigere Kammerton wie bereits erwähnt entspannt und harmonisiert. Durchgesetzt wurden jedoch die Empfehlung für 440 Hertz.

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Was denken Sie: Wirkt sich die Tonhöhe auf den Klang aus?

Die Wirkung des Kammertons auf den Klang

Die gesundheitlichen Folgen des ansteigenden Ruhepulses sind unbestreitbar. Die Summe der unterbewusst wirkenden Treiber lässt uns immer hektischer werden. Dazu kommt ein interessanter Aspekt, der den meisten nicht bewusst ist:

Konzerte klassischer Orchester werden als Standard auf 442-443 Hertz gespielt. Und da man Unterschiede eigentlich nur wirklich merkt, wenn man den Unterschied übertreibt, ließ Herbert von Karajan die Berliner Philharmoniker auf 445 Hertz stimmen. Es ist also die klassische Musik, der man gerne eine entspannende Wirkung zugesteht, die der Treiber für das Phänomen der immer höher werdenden Musik ist – und zwar ausgerechnet bei einem Thema, das eigentlich für die Musik der akustischen Instrumente weitgehend tabu ist, nämlich der Sound. Um nämlich den Klang von Orchestern bestehend im Wesentlichen aus Streichern und Bläsern brillanter zu gestalten, kam der bereits erwähnte Herbert von Karajan auf die Idee sein Orchester höher stimmen zu lassen, da dies dazu führen würde, dass man die obertonreichen Streicher besser wahrnimmt. Das Orchester ist neben der Orgel der Ausnahmefall, mit dem man in der klassischen Musik und somit schon früher akustische Klänge im Sinne des Begriffs Sound als ein emotionalisierendes Stilmittel gestalterisch verwenden konnte.

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Quietschende Pedale! Fürchterlich!

Nebengeräusch – woher kommst Du?

Unsere WG kennt derartige Probleme der Hochleistungs-Klassik nicht. Die Tonhöhe darf tiefer bleiben. Nun brauche ich das Piano nur noch in gute Stimmung zu bringen. Rund zwei Stunden später ist das geschafft. Doch was ist nun plötzlich vor allem im zweiten Teil des Probespiels für ein Geräusch zu hören?

WG-Klavier gestimmt

Das Pedal quietscht. Ist Ihnen dieses massive Nebengeräusch auch schon beim ersten Probespiel aufgefallen? Nein? Warum nicht? Weil wir auf die Verstimmung fokussiert waren. Wenn wir uns nun noch einmal die Verstimmung anhören, dann fällt uns jetzt auf, dass dieses Nebengeräusch tatsächlich am Anfang schon vorhanden war.

Verstimmt + Störung

Nun, da die Verstimmung als die wesentliche Störung weggefallen ist, dominiert die noch verbliebene Störung. Also geht es jetzt auf der Suche nach der Ursache für das unerwünschte Nebengeräusch eine Etage tiefer in das Innenleben des Pianos. Aus den Tiefen des Instruments wieder aufgetaucht folgt ein weiterer Testlauf, ein neues Probespiel.

Gestimmt + ohne Störung

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Aus Worten werden ganze Sätze. Aus Noten entsteht Musik.

Aus Noten wird Musik – und wo bleibe ich?

Ah, jetzt wird aus dem Stück Musik. Die letzte Störung ist behoben. Nun kann sich der Spieler ganz auf die PianoFormance, also auf die Performance seiner Darbietung am Piano, einlassen. Jetzt kann ich meinen Gefühlen über die Sprache der Musik Ausdruck verleihen, und das heißt konkret, ich kann

  • meine Tempi,
  • meine Akzentuierungen,
  • meine Dynamik

als Ausdrucksformen meiner aktuellen Befindlichkeit musikalisch transportieren, um so letztlich in der Rückwirkung eben diese Befindlichkeit wiederum zu transformieren. PianoFormance ist ein ganzheitlicher Prozess mit Tiefenwirkung, der kaum thematisiert und grundsätzlich nur an einem Piano möglich ist, das ein störungsfreies Spiel ermöglicht. Er ist nicht wie die Performance vor allem auf Leistung und Außenwirkung ausgerichtet, also auf die Körpersprache am Piano bei gleichzeitig spieltechnischer Artistik. Vielmehr zielt die PianoFormance innenorientiert auf den musikalischen Ausdruck der Befindlichkeit mit der Absicht, diese über das unmittelbare Feedback des Gespielten zu beeinflussen. Anders formuliert: Der Ausdruck soll uns beeindrucken! Der Spieler nutzt die Bedienoberfläche des Klaviers mittels der 10 Finger beider Hände sowie (im Idealfall, also bei einem in der Wirkung wahrnehmbaren linken Pedal für das Leisespiel) beider Füße. Die Ohren des Klavierspielers bekommen ein Sofort-Feedback. Natürlich ahnt es jeder und daher lohnt es, sich dieser Tatsache bewusst zu werden: Wir sind ein lebendes, uns selbst regulierendes System. Daher bezeichnet man Lernen auch als einen selbst-referenziellen Vorgang. Selbstbestimmtes Lernen lebt vom Feedback. Der Input in das System bewirkt intern einen Prozess, den wir nachfolgend als veränderte Befindlichkeit bemerken und andere in der Außensicht als ein anderes Verhalten wahrnehmen. Viele Eltern berichten z.B. von ihren Kindern, die nach der Schule nach Hause kommen, zuerst ans Klavier gehen und nach einer halben Stunde als ein anderer Mensch wieder am Familienleben teilhaben. Aus der Sicht des Klavierservice stelle ich mir die Frage: Warum spielen eigentlich (immer noch) so viele Menschen Klavier? Meiner Ansicht nach wegen der Nebenwirkung des Klavierspiels: Sie haben schon längst die weitreichende Wirkung der selbst gestalteten Musiktherapie erkannt. Der Schlüssel zur Wirkung der Klaviermusik ist das Klangmuster des Pianos. Der ursprüngliche Romantische Pianoklang entstand als Folge der 1826 scheinbar relativ kleinen Erfindung von Henri Pape, nämlich die bislang hölzernen oder belederten Holzkerne der Klavierhämmer mit elastischen Filzplatten zu überziehen. Das damals neue Klangmuster entspannt uns quasi automatisch über eine entsprechende Einstellung der Ohrmuskeln als Filter für diesen grundtönigen Klang sowie über die daraus resultierenden Signale an den Vagusnerv, einen Hirnnerv, der für Herzschlag und Atemrhythmus zuständig ist. Diesen ganzheitlichen Prozess nenne ich die Selbstharmonisierung am Piano!

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Klavierspiel - ein Thema mit zahlreichen Aspekten

PianoFormance

PianoFormance oder Interpretation?

Man könnte sich dem gleichen Thema aus einer anderen Richtung nähern. Schließlich gibt es ja auch den Begriff der Interpretation. Ist PianoFormance lediglich ein anderes Wort? Nein. Die PianoFormance bezieht sich auf die Performance am Klavier. Aber was ist die Performance? Und inwiefern unterscheidet sich nun die Performance von der Interpretation?

Die Interpretation ist Teil der PianoFormance, die mehr enthält. Die PianoFormance ist

  • das Ganze, das ja bekanntlich mehr ist als lediglich die Summe seiner Teile,
  • das Ambiente,
  • das Auftreten,
  • die Körpersprache,
  • das Instrument als Musik-Werkzeug,
  • das Werk als eine konkrete musikalische Idee,
  • die Interpretation, über die sich der einzelne Klavierspieler in das Ganze einbringt.

Das Ambiente kann man ganz für sich zu Hause gestalten. Für das Konzert wählt man einen entsprechend festlichen Rahmen. Dem entspricht das Publikum mit der Wahl seiner exklusiven Kleidung. Zu Hause können Licht, Farben, Duft, Bilder das Ambiente vielfältig, aber vor allem zur aktuellen Stimmung oder zur Wunsch-Stimmung passend gestaltet werden. Stolpere ich ans Klavier und vollziehe dort mehr oder weniger eine Pflichtübung oder zelebriere ich jetzt dieses Stück und die damit verbundenen Emotionen? Je nach Intention werde ich anders an das Klavier herantreten, Platz nehmen, mir noch eine kurze Pause nehmen, bevor die ersten Töne erklingen. Wessen Emotionen zählen eigentlich? Die Gefühle des Komponisten oder die des Interpreten? Meiner Ansicht nach bestimmt die Befindlichkeit des Interpreten die Interpretation des Stücks – ebenso wie die Befindlichkeit bzw. der eher technische Zustand des Instruments Einfluss auf die Darstellung nimmt. Denn nicht an jedem Piano lässt sich das Leise ausdrücken. Greller Klang, ungünstige Hebelverhältnisse sowie fehlerhafte Regulierung zwingen mich zu einer letztendlich das mögliche Gesamteregebnis minimalisierenden Fehler-Vermeidungs-Strategie. Aber ich strebe doch ganz selbstverständlich danach, eine Ausdrucks-Optimierungs-Strategie umzusetzen! Ist alles stimmig, fließt das Stück. Entsprechend wird meine Körpersprache ausfallen. Der Zuhörer ist im Konzert auch ein Betrachter. Sprechen ist für uns Sehenden kein reines Klangbild, sondern auch die Mimik und Gestik des Gesprächspartners. Kleine Kinder, die noch keine Worte verstehen, können bereits intuitiv die Körpersprache ihres Gegenübers lesen. Und nur wenn ich mich selbst transparent wahrnehmen kann, wenn also kein Schein den Ist-Zustand verdeckt, kann ich in all den genannten Aspekten ein Stück stimmig transportieren. Das ist eine gelungene PianoFormance. Nun werden Sie vielleicht zu recht einwenden, dass es bei ihrem Klavierspiel zu Hause kein (größeres) Publikum gibt, für das das Gelingen Ihrer PianoFormance die Voraussetzung für den Genuss der dargebotenen Musik ist. Dem stimme ich zu und schlage daher vor:

  • Nehmen Sie sich selbst auf Video auf.
  • Erleben Sie sich selbst in vielfältigen Aspekten.
  • Werden Sie sich bei der Gelegenheit der Wirkung von Licht und Farben, Ihrer Kleidung etc. bewusst.
  • Beginnen Sie jetzt damit, Ihre Zeit am Piano zu zelebrieren.

So bekommt das Klavierspiel für Sie eine völlig neue und wesentlich höhere Erlebnisqualität. Wenn Sie derart sensibilisiert sind, werden Sie beim nächsten Klavierkonzert gerade die Performance der Pianistin oder des des Pianisten bewusster erleben. Möglicherweise bekommen Sie für Ihr eigenes Klavierspiel neue Inspirationen.

Auf dieser Ebene ist es für Sie eine Selbstverständlichkeit, dass der Klang, die Klangfarben und das Dynamikspektrum des Pianofortes wesentliche Ausdruckselemente Ihrer PianoFormance sind. Daher lassen Sie uns noch gemeinsam einen die PianoFormance abrundenden Blick auf den Brillanten Klavierklang werfen. Zum einen gilt es, Entwicklung rückblickend zu verstehen. Und zum anderen geht es mir darum, Perspektiven und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sich das bestehende Modell des Klaviers entwickeln könnte, um nämlich eine noch bessere Erlebnisqualität mittels der oben beschriebenen Aspekte der PianoFormance zu ermöglichen.

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Wissen Sie, wie der Brillante Klavierklang entstanden ist?

Brillanter Klang

Der Brillante Klavierklang - Ursachenforschung

Eine Frage hat sich aus den letzten Sätzen ergeben. Was ist denn der Brillante Klang, der heute im Zusammenhang mit den modernen Pianos wie ein Leistungsmerkmal angeführt wird? Nun, zuerst einmal war der Brillante Klang ein Betriebsunfall. Das heißt, aufgrund von Einsparungen litt die Klangqualität. Daher sah man sich genötigt, korrigierend einzugreifen. Die Korrektur war zwar kein qualitativer Fortschritt. Aber in der Tendenz war sie identisch zu einem wichtigen Entwicklungsschritt des Klaviers. Man schreibt es Sébastien Érard zu, dass das Klavier 1790 durch die Veränderung des Saitenbezugs pro Ton von ursprünglich 2 Saiten auf 3 Saiten (ab der Mittellage) lauter wurde. Hinter der technischen Veränderung stand die Absicht, größere Räume für mehr Publikum beschallen zu wollen. Bezogen auf das heutige Klangmuster heißt das konkret:

  • Man hat sich bei der Filzproduktion den manuellen Vorgang des Walkens zu Gunsten eines maschinellen Pressens der Filzplatten gespart. Der Gewinn waren Cent-Beträge. Der Verlust an Klangqualität war dagegen gravierend.
  • Gepresste Filzplatten haben zu wenig Spannung. Daher war der Ton zu leise. Durch Tränken mit einer klebrigen Flüssigkeit erhöhte man nachträglich die Spannung der Hammerfilze. Der Gewinn war ein greller und lauter Ton. Dabei ging die Elastizität der Filze verloren. Diese Eigenschaft ist wiederum die Voraussetzung für die Gestaltung der Klangfarben.
  • Der grelle Ton verhindert ein Leisespiel. Darüber hinaus löste der grelle und lautere Ton in unserem Ohr wie ein Schuss einen Schutzmechanismus aus, bei dem die Ohrmuskeln schließen, um den Innenraum des Ohrs vor Schäden zu schützen. Das bewirkt wiederum ein Anspannen der Rumpfmuskulatur und verhindert somit die erwünschte Entspannung.

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Gibt es auch Gründe für den Brillanten Klavierklang?

Der Brillante Klavierklang im Pro und Contra

Tatsächlich gibt es musikalische Gründe, die für den obertonreicheren gegenüber einem weicheren Klang sprechen. Wenn man nämlich schnelle Läufe spielt, dann sind die Einzeltöne aufgrund eines obertonreicheren Klangs für unsere Ohren besser unterscheidbar. Bei einem weicheren Klang tendieren schnell gespielte Einzeltöne aufgrund der undeutlichen Abgrenzung zu verschwimmen. Für die entspannende Wirkung ist wiederum der weichere Klang ausschlaggebend. Wie könnte eine Lösung des technischen Problems im Interesse der musikalischen Gestaltung aussehen? Muss es eine im Sinne des Wortes exklusiv also eine ausschließende Entweder-oder-Lösung sein? Oder wäre eine beide Seiten integrierende Sowohl-als-auch-Lösung vorstellbar? Z.B. in Form eines Instruments mit gestaltbaren Klangmustern? Wie könnte so etwas realisierbar sein? Über so genannte Hybrid-Klänge, also eine sensible Mischung aus akustischen mit digitalen Klängen, ist es heutzutage eigentlich völlig problemlos, scheinbar gegensätzliche Klangwelten in einem akustischen Instrument zu realisieren. Warum ich hier EIGENTLICH verwende? Nun, es würde den Willen zu einer Lösung voraussetzen… Dieser Wille zu einem für den Musiker idealen Instrument scheint aber unter den aktuell am Markt vertretenen Klavierherstellern nicht (mehr) vorhanden zu sein. Die Reduzierung auf lediglich eine der beiden Varianten ist eine Entscheidung des Managements. Das heißt, das bisherige Klangmuster wurde durch ein neues ausgetauscht. Was man aber über die einseitige Ausrichtung auf den so genannten Brillanten Klang billigend in Kauf nimmt:

Bevorzugt werden mit diesem neuen Muster die in hohem Maß technisch versierten Pianisten. Doch diese Kategorie an Hochleistungspianisten werden in Zukunft wegen dem damit verbundenen extrem hohen Zeitaufwand und der dafür erforderlichen Motivation aus China kommen. In China soll es zusätzlich zu den bereits existierenden 50 Millionen Klavierspielern noch einen offenen Markt von geschätzt 30 Millionen Interessenten geben. Daher folgen unsere Klavierhersteller bereitwillig dem neuen Markt ganz ohne Rücksicht auf die eigene Kultur, die eigene Geschichte, ihre eigenen Wurzeln.

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Wenn Anpassung wichtiger ist als Neugierverhalten

Das Management des Unmöglichen

Der Preis für die Entscheidung des Managements, Gewinne durch eine Reduzierung der Qualität zu optimieren, ist gigantisch. Bechstein ermittelte statistisch, dass in Deutschland dreimal mehr gebrauchte Pianos gehandelt als neue Instrumente verkauft werden. Das heißt: Die ständig wiederholte Botschaft, der Markt sei gesättigt, scheint nicht die ganze Wahrheit zu sein. Wenn man wollte, könnte man die Statistik als einen Hinweis auf eine Vermeidungsstrategie der Käufer verstehen, die vor allem den neuen Klang intuitiv ablehnen. Die Einsparungen an Qualtität sind den Endverbrauchern nicht entgangen. Ebenso sehen die potenziellen Käufer auch ohne große Fachkenntnis, dass ein gebrauchtes Piano nicht weniger kann als ein neues. Mit anderen Worten: Die Stagnation des Produkts ist kein Verkaufsargument - auch nicht, wenn wie Anfang 2017 geschehen Yamaha seinem Tochterunternehmen Bösendorfer ein Reset auf den Stand von 1900 mit der Zielstellung verordnet, die Freunde des akustischen Pianos und somit des traditionellen Klavierspiels nicht weiterhin mit alternativen Angeboten wie Disklavieren und Hybridpianos zu verstören. Dieses Marketingkonzept einer heilen Welt, die die aktuell massiven Veränderungen in unserer gesamten Lebenswelt auszublenden versucht, ist nichts anderes als eine Flucht. Derzeit sollen es über 70 Millionen Menschen sein, die sich auf der Flucht vor unhaltbaren Zuständen befinden. Flucht ist keine Lösung. Wir müssen die Zustände für die Menschen ändern. Flucht ist eine stressbedingte Reaktion auf Ausweglosigkeit. Der Ausweg aus der Krise um das akustische Klavier und die damit verbundene klassische Musik aufgrund eines vor uns stehenden massiven kulturellen Umbruchs heißt Entwicklung. Entwicklung ist die zur Veränderung passende Antwort. Entwicklung war den deutschen Klavierbauern auch gar nicht fremd, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Neo-Bechstein
Stevie Wonder spielt Superstition auf einem Hohner Clavinet D6:
Manthey Stereo-Piano

Das Stereo-Piano von Manthey mit Tonabnehmern anstelle eines Resonanzbodens war somit schon vor dem berühmten Stage-Piano von Yamaha, dem CP 70 auf dem Markt. Der Unterschied ist nur, dass diese Version von Manthey keinen Bekanntheitsgrad erlangt hat, während das Stage-Piano durch seine Einsätze in der Rock- und Pop-Musik bis heute für Musiker einen guten Ruf hat. Der Unterschied heißt Marketing. Und das betrifft z.B. die Zielgruppe. Yamaha hat die Rock-Stars der Bühne und somit deren Öffentlichkeitswirksamkeit benutzt, um das neue Instrument nicht nur auf dem Markt einzuführen, sondern um dessen Bekanntheitsgrad ziemlich schnell zu erhöhen. Das ist eine durchaus zeitgemäße Form von Werbung. Nachfolgend waren viele Hobby-Musiker in den entsprechenden musikalischen Stilrichtungen in hohem Maß motiviert, sich dieses neue Instrument zu kaufen, um zu Hause mit den gleichen Sounds wie ihre Vorbilder spielen zu können. Manthey hat dagegen vermutlich versucht, lediglich die bereits bestehenden Kunden der Klavierspieler für das neue elektro-akustische Stereo-Piano zu gewinnen, ohne in eine entsprechende Werbekampagne zu investieren. Um aber die bisherige Zielgruppe für einen neuen Weg zu begeistern, braucht es aus der Sicht eines Produzenten ein regelrechtes Change-Management:

Prof. Dr. Peter Kruse über Change-Management

Da war das Vorgehen von Yamaha weitaus ökonomischer, da man natürlich als Konzern und somit als Hersteller auch von elektronischen Musikinstrumenten über ein breiteres Spektrum an Kunden verfügte. Im folgenden Video sehen Sie einen Aufbau des zusammenlegbaren Flügels CP 70 von Yamaha. Ansonsten habe ich kaum Videos gefunden, die Einblick in das Innenleben gewähren. Mangelnde Transparenz drängt aber unmittelbar den Eindruck auf, dass jemand etwas zu verbergen hat, er sich also nicht vergleichbar machen will. Das kann aus guten Gründen zum Schutz von innovativen Leistungen ebenso wie zum Schutz vor dem Enttarnen einer schlichten Kopie der Fall sein.

Yamaha CP 70 Aufbau

Die Möglichkeit, sich ein akustisches Piano mit Tonabnehmern ab Werk zu bestellen, gab es auch in der neuesten Klavierkonstruktion, im Una-Corda-Piano von David Klavins. David Klavins ist gerade dabei, die Herstellung von Pianos eigenen Designs zu organisieren. Dann wird es diese Version sicherlich auch wieder auf dem Markt geben. Wie zeitgemäß der Klavierbaumeister David Klavins orientiert ist, zeigt die Digitalisierung des Klangs des Una-Corda-Pianos in der DAW (Digital Audio Workstation) von Native Instruments.

Wie also ist es zu verstehen, wenn sich Klavierhersteller den zeitgemäßen Möglichkeiten verweigern? Und ist es aus Sicht des Marktes akzeptabel, wenn Hersteller scheinbar in Absprache den Kunden diese zeitgemäßen Möglichkeiten und das damit verbundene Entwicklungspotenzial vorenthalten? Meiner Ansicht fehlt den Klavierproduzenten der Glaube an das eigene Produkt. Und da sie zum Marketing nicht wirklich eine Beziehung haben, hört man von scheinbar guten Namen hinter vorgehaltener Hand die geradezu pervers anmutende Strategie Bitte kauf mich! In der Liste der Firmen, die sich nicht mehr selbst gehören, stehen zahlreiche bislang noch wohlklingende Namen wie

  • Steinway (Verkauf 2013 an den Hedge-Fonds-Manager John Paulson)
  • Bechstein (Verkauf 2013 an den Immobilien-Erben Stefan Freymuth)
  • Bösendorfer (Verkauf 2007 an Yamaha aus Japan)
  • Schimmel (Verkauf 2016 an Pearl River Piano Group aus China)
  • Seiler (Verkauf 2008 an Samick aus Korea)

Die Ausnahme war für mich bis Anfang 2017 Yamaha. Der Konzern aus Japan war als erster an Steinway interessiert. Yamaha war mit 25 Prozent Teilhaber bei Schimmel bis zu deren großen Krise im Jahr 2009. Die Japaner übernahmen Kemble, Bösendorfer und es sind noch einige weitere Firmen im Portfolio. Yamaha hat im Marketing bislang alles zumindest besser gemacht als die Mitbewerber unter den Klavierherstellern. Und die Japaner sind auch die einzigen innovativen Klavierbauer, wie die erfolgreiche Vermarktung der Silent Technologie (Silent Piano seit 1993) sowie das erste echte Hybrid-Piano TransAcoustic zeigen. Doch mit dem TransAcoustic-Piano ist der japanische Konzern bereits deutlich hinter seinen eigenen Möglichkeiten geblieben. Das TransAcoustic-Piano ist kein vollwertiges Hybrid-Piano, das dem Stand der Technik entspricht. Gute E-Pianos können ebenso wie die Yamaha gehörende DAW Cubase (Steinberg) weitaus mehr, als das TransAcoustic-Piano erlaubt. Wovor hat Yamaha Angst? Nun, wie ich schon in meinem letzten Blog erläutert habe, hat sich Yamaha erfolgreich an die Spitze der Hersteller akustischer Pianos hoch gearbeitet. Ein wesentlicher Grundstein des Erfolgs ist die frühe Automatisierung des Klavierbaus in Japan. Das heißt, Yamaha will diesen Markt nun ganz selbstverständlich so lange wie möglich mit eigenen Produkten bedienen. Vor allem aber ist Yamaha mit Bösendorfer ja immer noch in der Aufbauphase. Bösendorfer soll die Nummer 1 der Premiumpianos werden. Und erst wenn man dieses Ziel erreicht hat, beginnt das Geld verdienen in einer neuen Dimension. Und gleichzeitig scheinen die Japaner zu wissen oder zumindest zu befürchten, dass jeder ernsthafte Schritt in eine für diesen Neuen Markt der Hybrid-Pianos reizvolle Weiterentwicklung zu unkontrollierbaren Einbrüchen im genau genommen alten Markt führen könnten. Aber warum bedienen die Japaner nicht einfach das neu entstehende Segment mit für den Markt bestechenden Features und bleiben so auch in dieser Disziplin erfolgreich? Warum agiert ein Weltmarktführer plötzlich wie unter Panik?

Was passiert, wenn eine Branche Entwicklung negiert? Die Entwicklung kommt von außen - und trifft die Branche umso härter. Kennen Sie schon das Seaboard? Das ist z.B. so ein neues Instrument, das die Japaner am liebsten ignorieren würden. Es verspricht im Gegensatz zum Klavier eine 5D-Bedienoberfläche. Das heißt, der Spieler bekommt pro Bedienelement für den einzelnen Ton (!) 5 Möglichkeiten, den Klang sowie Effekte zu gestalten. Aber das Seaboard ist nur eine Entwicklungsstufe. Nun geht es erst richtig los, falls jemand aus dem Klavierlager sich dafür interessiert, wie man ein derartiges Spektrum an Möglichkeiten in unser bisheriges Piano integrieren kann, ohne dass dies zu Lasten des bislang gewohnten Tastenspiels geht...

5D-Touch auf dem Seaboard

Und das heißt auf unser Thema bezogen: Die PianoFormance der Zukunft könnte wie folgt aussehen und sich völlig verändert anhören. Sie erleben Heen-Wah Wai am Seaboard mit der Loop-Station Boss RC-505 auf der Musikmesse in USA 2016:

Was wird in der Klavierbranche geschehen? Die Klavierbauer haben unisono Entwicklung zum Tabu erklärt. Hm, fragen Sie sich auch gerade: Wie kann man sich eigentlich so ein Tabu vorstellen? Nun, das ist ein Schatten, der einem ständig folgt. Das Fatale an diesem Schatten ist, dass man sich selbst nicht zutraut, ihn überspringen zu können. Wer es dennoch versucht, steigt auf in die Kategorie der Schattenspringer. Diesen neuen Vorbildern, die es tatsächlich wagen, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen, gehört die Zukunft! Sie hätten es gerne konkreter? Gut, lassen wir noch einmal den 2015 überraschend verstorbenen Prof. Dr. Peter Kruse zu Wort kommen, wenn es um Change-Management heute geht:

Mustererkennung, Komplexitätsreduzierung, Collective Open Process Excellence

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